2.2 Sterne: Kinderstube und Lebensdauer
 

NGC 2244, der Rosettennebel. In seine Mitte haben sich junge Sterne durch ihren Sonnenwind eine Höhle geblasen. Wasserstoffwolken und Dunkelstaub durchziehen ihn und können der Geburtsort weiterer Sterne werden.
 
3000 Jahre von der Hypothese zum Beweis
Schon im 6. Jahrhundert vor Christus nahm der Grieche Aximenes an, dass Sterne Verdichtungen der im Raum verteilten Materie seien. Die gleiche Auffassung wurde im 16.Jahrhundert von dem dänischen Astronomen Tycho Brahe und 1692 von dem englischen Physiker Isaak Newton erneut formuliert. Aber erst mit der Erfindung des Teleskops zu Beginn des 17.Jahrhunderts konnte diese Annahme untermauert werden. Von 1779 an durchforschte der Engländer Sir William Herschel mit einem riesigen Teleskop den Sternenhimmel und er fand die Nebel, aus denen, wie er vermutete, die Sterne entstehen würden. Er konnte nicht wissen, dass sich einige seiner Nebel später als ganze Galaxien herausstellten, dennoch hatte er die Brutstätten neuer Sterne gefunden. Erst im 19.Jahrhundert ermöglichten die Erfindungen der Spektralanalyse sowie die der Fotografie genauere Analysen der Nebel, doch junge entstehende Sterne konnte man auch jetzt noch nicht sehen. Dies geschah erst Mitte der 80iger und Anfang der 90iger Jahre des 20.Jahrhunderts durch den Einsatz von Infrarot-Detektoren ausserhalb der Erdatmosphäre. Seither hat das Verständnis der Sternentstehung große Fortschritte gemacht.
 
Im Nebel sehen
Sterne entstehen als Verklumpungen von Atomen, inmitten von Nebeln. Dabei wachsen in den Gasansammlungen der Druck und die Temperatur. Gemessen an der Normaltemperatur des Weltraums von ca. 3K sind 100K schon ein erheblicher Temperaturanstieg .. doch bei -173°C was 100K entspricht, senden erwärmte Körper noch kein Licht im sichtbaren Bereich aus. Ausserdem würde sichtbares Licht von dem umgebenden Nebel stark absorbiert werden. Es wäre also nichts zu sehen.
Infrarotes Licht dagegen wird von jedem erwärmten Körper ausgestrahlt und es passiert die Nebelschwaden nahezu ungehindert. Damit ist es ideal, um hinter den Schleier der kosmischen Kinderstuben zu sehen. Wie ein Röntgengerät den menschlichen Körper, so durchdringen Infrarotstrahlen das Gas der Wasserstoff- und der dunklen Materiewolken. Allerdings können Infrarot-Teleskope nicht auf der Erde eingesetzt werden. Allein die Temperatur der Atmospähre würde jedes Bild 'überbelichten'. Erst nachdem 1995 die Europäische Südsternwarte (ESO) ihr Infrarot-Weltraumteleskop ISO im Weltall absetzte, können die Astronomen ihre 3000 Jahre alten Vermutungen auch belegen. Besonderes Augenmerk findet dabei der Orion-Nebel. Er ist nicht weit entfernt, und in seinen Schwaden erblicken gerade hunderte Sterne das Licht des Universums.
 
Das Ausgangsmaterial
Die Nebelwolken, aus denen Sterne entstehen, bestehen im Schnitt zu 70% aus Wasserstoff, 18-25% aus Helium und zu etwa 2% aus schweren Elementen, wie Kohlenstoff, Sauerstoff, Magnesium und Eisen. Bei den Dunkelwolken ist dieses Material bereits zu feinstem Staub verklumpt. In einem Würfel von 1cm Kantenlänge befindet sich je ein Atom, was für die Verhältnisse im Weltraum eine riesige Dichte darstellt, gemessen an der sonst üblichen Verteilung, bei der ein Atom erst in mehreren Kubikkilometern auftritt. Diese Wolken werden von Dichtewellen durcheilt, die aus einer Vielzahl von Quellen stammen können. So aus den Kraftfeldern, die aus der Bewegung der Massen innerhalb einer Galaxie entstehen oder von explodierenden Sternen. Diese Dichtewellen verwirbeln die Teilchen der Wolke und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich diese so dicht kommen, dass sie untereinander durch Gravitation 'verklumpen'. Je größer ein solcher Klumpen von Atomen wird, desto weiter reicht seine Gravitation und desto mehr weitere Atome werden zu ihm finden und mit ihm verklumpen.
 
Das Spiel der Kräfte
Obwohl die Astrophysiker schon ein recht gutes Bild der weiteren Vorgänge besitzen, gelingt es ihnen, wie beim Wetter nicht, genaue Vorhersagen zu machen. Die Menge der externen Einflüsse ist zu groß. So können die Strahlungen benachbarter Sterne und deren Magnetismus z.B. durch die Ionisation der Atome, erheblichen Einfluss auf die Eigenschaften der Nebelwolke und der in ihr enthaltenen Atome nehmen und damit auch auf den entstehenden Stern. Etwas vergröbert wird sich aber folgendes ereignen.
Alle Teilchen der Materieverdichtung bringen einen Bewegungsimpuls mit. Somit beginnt sich der Klumpen zu drehen. Diese Drehung wird, wie bei einer Eiskunstläuferin, umso heftiger, je enger die Teilchen aneinanderrücken müssen. Der zunächst kugelähnliche Gasraum um den entstehenden Stern, flacht zunehmend zur einer äquatorialen Scheibe ab. Die Scheiben spiegeln den Gravitationsradius des zentral entstehenden Sternes wieder. Er beträgt normalerweise, wie bei unserer Sonne, etwa um 1000 Astronomische Einheiten AE. (1000 mal Abstand Sonne-Erde). Die Scheiben bilden den Raum in dem auch die Planeten der neuen Sonne entstehen können. Ihre Bildung unterteilt den Nebel, aus dem heraus sie entstanden, in eigenständige Teilbereiche.
 
Die Zerreissprobe
Dem zunehmenden Drehimpuls wirkt die ebenfalls größer werdende Fliehkraft entgegen. Sie unterbricht zwar nicht den Formungsprozess des Sterns, verlangsamt ihn aber. So wird verhindert, dass es zu einem plötzlichen Massenkollaps der gesamten Masse kommt. Je mehr Materie der junge Stern jedoch einfängt, desto schneller wird die Rotation und damit die Fliehkraft. Er läuft Gefahr auseinandergerissen zu werden, wäre da nicht sein extrem angewachsenes Magnetfeld. Es entsteht, weil sich die Atome unter dem Innendruck zerlegen (ionisieren). Junge Sterne besitzen Magnetfelder, die um den Faktor 1000 stärker sind, als das unserer Sonne. Die Magnetlinien verlaufen parallel zur Polachse und stehen damit senkrecht zur Materiescheibe. Durch die rasante Rotation sind die Magnetfeldlinien in Richtung des Äquators mehrfach gewickelt, wie Spagetti auf einer Gabel. Aus der Materiescheibe einfliessende Atome werden ebenfalls ionisiert, folgen teilweise den Magnetlinien hin zu den Polen und werden hier, mit hoher Geschwindigkeit, als Strahl, wieder in das Weltall hinausgeblasen. Derartige Strahlen nennt man einen Jet und diese nehmen einen großen Teil der Rotationsenergie mit. So rotiert der Stern zunehmend langsamer. Sterne mit einem solchen Materiejet nennt man nach ihrem Entdecker Herbig Haro Sterne.
 

Dieses Bild zeigt den Herbig Haro Stern 34. Er befindet sich im Sternbild Orion, in der Nähe des Nebels NGC 1999. Deutlich ist der rote Materiejet des kleinen gelben Sternpunktes zu erkennen. Er endet in der gelblich grünen Keule am unteren Ende des Bildes. Der Stern besitzt auch einen Jet zur entgegengerichteten Seite, dieser wird hier aber weitgehend durch die Dunkelmaterie verdeckt.
 
Der Vorgang dauert etwa 10Mio Jahre, während derer sich die anfängliche Materiescheibe zum Stern, und seinen Planeten zusammenfindet. Nebelreste die bis jetzt noch keinen Massekörper gefunden haben, fegt der stärker werdende Sonnenwind in das All hinaus. Die Scheibe wird zunehmend durchsichtig. Die Größe der entstandenen Himmelskörper variiert stark. Ihr Spektrum reicht vom Gesteinsbrocken, über den Gasplaneten, Braunen Zwerg bis hin zur Supersonne, die einige hundert Sonnenmassen beinhaltet.
 
Am Dümmsten haben es die Wasserstoff-Riesenplaneten getroffen. Ihre Gesamtmasse blieb kleiner als etwa 8-9% der Sonnenmasse. Damit sind sie zwar zu großen Wasserstoffballons angewachsen und durch die Gravitationskräfte, auch einige hundert °C heiß geworden. Doch ist ihre Masse zu klein um die Kernfusion zu starten. Sie gelangen über ihren Status als Planet nicht hinaus und werden sich im Lauf der Jahrmillionen abkühlen.
 
Der nächste Schritt sind die Braunen Zwerge. Sie bilden den Zwischenschritt zwischen Gasplanet und Sonne. Ihre Masse liegt zwischen ~15 bis 80 Jupitermassen. Auch bei ihnen kann die Kernfusion des normalen Wasserstoffs 1H noch nicht zünden, aber mit ein wenig Glück verfügen sie über genügend schweren Wasserstoff, Deuterium 2H, den sie fusionieren können. Dieser Prozess dauert wegen der geringen Mengen von Deuterium im All nur kurze Zeit an. Er erhitzt den Braunen Zwerg aber auf 1000-2000°C, wodurch er in einem dunkelroten Licht leuchtet. Dies führte zu dem Namen Brauner Zwerg. Von diesen, zunächst theoretisch angenommenen Himmelskörpern, wurden inzwischen einige 10 Stück nachgewiesen und inzwischen auch bildlich festgehalten.
 
Das Sonnenleben
Der weitaus größte Teil der entstehenden Sterne besitzt etwa die Größe der Sonne. Ihre Masse reicht aus, um die Fusion des normalen Wasserstoffs 1H etwa 10 Milliarden Jahre = 10.000 Millionen Jahre durchzuhalten. Dabei verschmelzten sonnenähnliche Sterne jede Sekunde etwa 600 Millionen Tonnen Wasserstoff zu 594 Millionen Tonnen Helium. Aus den restlichen 6 Millionen Tonnen Materie entsteht Energie. Diese nehmen wir auf der Erde, auch ohne den Gebrauch von Messinstrumenten, in der Form von Wärme und Licht wahr.
Über den genannten Lebenszeitraum wird der Stern etwa 10% des anfänglich gesammelten Wasserstoffvorrats fusioniert haben, denn die Kernverschmelzung von Wasserstoff zu Helium findet nur in dem, einige Zehnmillionen Kelvin heissen, Kernbereich des Sterns statt.
 
Doch es gibt auch die Riesensterne, mit Massen bis hin zum 100fachen der Sonne. Ihr Leben als Stern ist kurz. Zu schnell verbrennen sie den angehäuften Wasserstoffvorrat. Geht man davon aus, dass ihre Helligkeit in genügender Annäherung auch ein Mass für die umgesetzte Energie ist, so verbrennt ein Stern von doppelter Größe der Sonne, 8 mal so viel Wasserstoff wie diese. Die Leuchtkraft (L) eines Sterns steigt also nicht linear mit der Masse (M), sondern in etwa, mit deren dritter Potenz. Als Formel könnte man schreiben, (L~M³). So leuchtet ein Stern mit drei Sonnenmassen fast 27 mal heller als die Sonne. Dies bedeutet, dass er entsprechend mehr Wasserstoff fusionieren muss, was nun seine Lebensdauer drastisch verringert. Da die Lebensdauer annäherungsweise durch die Formel: Lebensdauer (D) ~ Masse (M) / Leuchtkraft (L) berechnet werden kann, ergibt sich zur Berechnung der Lebensdauer bei massereichen Sterne, die für sie dramatische Formel: D~ 1/M². Sie sagt aus dass sich die Lebensdauer eines Sterns mit dem Quadrat seiner Masse verkürzt. Der oben angesprochene Stern würde also 27 mal heller leuchten als die Sonne, allerdings nur 1/9 ihrer Lebensspanne erreichen, was grob über den Daumen gepeilt etwa 1.000 Millionen Jahren = 1Mrd. Jahren entspräche.
 
Bei Sternen mit der 10 bis 20fachen Masse der Sonne sinkt die Lebenserwartung bereits auf 100 – 25 Millionen Jahren und noch größere Sterne können schon nach 10 Millionen Jahren und darunter ausgebrannt sein.
 
Würde man die Lebensdauer und das Gewicht eines Menschen, der 80 Jahre alt werden möge und 80kg schwer ist, mit der Lebensdauer und der Masse unserer Sonne gleichsetzen, so hätte ein Stern mit der 20fachen Masse der Sonne, ein Gewicht von etwa 1½ Tonnen und eine Lebenserwartung von ½ Jahr. Aus dieser Gegenüberstellung lässt sich ermessen wie ungenau die Charakterisierung eines Sterns als 'alt' oder 'jung' ist, wenn nicht auch seine Masse genannt wird.
 
Denkt man an Sterne, die leichter sind als die Sonne, so kommt man zu dem Schluß, dass diese wegen ihrer mäßigen Fusion von Wasserstoff nicht so hell leuchten können, dafür aber extrem alt werden müssen. Für Sterne die etwa ¾ der Sonnenmasse besitzen kommen die Astrophysiker auf eine Lebensdauer, die weit über dem Alter des Universums liegt. Damit muß es Sterne geben, die bereits seit dem Anfang des Universums bestehen.
 
Leider haben die Astrophysiker noch nicht alle Abhängigkeiten verstanden, welche auf die Länge eines Sternlebens einwirken. So wissen sie nicht, welche genauen Einflüsse die Rotation, die Konvektion, das Magnetfeld, das Pulsieren eines Sterns, sein Sonnenwind und weitere Phänomene, auf das Alter eines Sterns nehmen. Entsprechend sind die obigen Angaben Annäherungen, die während einer astronomisch gesehen, ungemein kurzen Beobachtungszeit von etwas mehr als 100 Jahren entstanden sind.
 

rel.Sonnenmasse %

rel.Helligkeit

Lebensdauer


Beispiel / Bemerkung:

0,0076




Massenuntergrenze zum Stern

0,75

0,50

16.000


Brauner Zwerg,

1

1

9.000


Normalstern, Sonne

5

125

360



10

1.000

90



15

3.375

40


Riese, Antares

20

8.000

22



50

125.000

3



100

1.000.000

1


Überriese, Eta Carinae

150




mögliche Massenobergrenze von Sternen ?

Die obigen Angaben sind Anhaltswerte zum Zweck einer groben Einschätzung, wie lange ein Stern mit einer bestimmten, auf die Sonne bezogenen Masse überdauern kann, bzw. um welchen Faktor er heller leuchtet als die Sonne. Die tatsächlichen Verhältnisse sind komplizierter und von den Astrophysiker auch noch nicht in allen Einzelheiten verstanden.
 
Der Fusionsprozess
Wie weiter oben beschrieben, erzeugen Sterne ihre abgestrahlte Energie durch Kernfusion. Während ihres langen Lebens als 'normaler' Stern oder als Stern der Hauptreihe verschmelzen sie Wasserstoff zu Helium, wobei ihr Wirkungsgrad bei etwa 10% liegt, wenn man die Erzeugung von Strahlungsenergie als Ziel animmt.
Erst im Jahr 1937 gelang es den Physikern Bethe und von Weizäcker, diesen Prozeß kernphysikalisch zu präzisieren. Ausgangspunkt dieser Beschreibung ist die Annahme, dass nach dem Urknall, dem BigBang, noch keine schweren Elemente, 'Metalle' wie Astrophysiker, den Chemikern zum Trotz etwas falsch sagen, vorlagen. Es gab nur Wasserstoff.
Unter dem hohen Druck und den von diesem hervorgerufenen Temperaturen zwischen 10.000 bis 100.000 Kelvin liegt dieser Wasserstoff bezüglich seiner Atombauteilchen den Protonen und Elektronen frei beweglich im Inneren des Sterns vor. Hierbei können sich alle Teilchen aufgrund der Temperatur mit hohen Geschwindigkeiten bewegen. Sie stoßen zusammen und wenn der Zusammenstoß die richtige Geschwindigkeit besaß, können sich Neutronen (Elektron+Proton=Neutron) oder neue Atomkerne, wie Proton + Neutron = Deuterium, also schwerer Wasserstoff bilden. Wenn nun ein Atomkern des Deuteriums ein weiteres Proton einfängt, ist bereits ein Isotop des Heliums (3He) entstanden. Ein stabiler Heliumkern 4He, mit zwei Protonen und zwei Neutronen entsteht, so Bethe und von Weizäcker, wenn zwei Kerne 3He unter Abgabe zweier Protonen aufeinander treffen und verschmelzen. Bei diesem Fusionsprozess, der als p-p Kette bezeichnet wird, entsteht also aus Wasserstoff, Helium, zudem wird bei ihm Energie freigesetzt. Diese heizt einmal den Atomkern auf, bis dieser im Gleichgewicht mit dem Gravitationsdruck steht und wird zudem von der gerade entstandenen Sonne abgestrahlt. Die bekanntesten Energievarianten sind Wärme und Licht. Grundsätzlich aber können alle elektromagnetischen Energietypen auftreten und der mit ihnen verknüpfte Magnetismus.

Astro.GoBlack