7.13
Ist die Feinstrukturkonstante alpha .. konstant?
Konstant bedeutet
unveränderlich. So gehen Wissenschaftler davon aus, dass
Naturkonstanten unveränderbar sind. Nicht immer kennen wir
Menschen die dazugehörigen Zahlenwerte genügend genau,
aber mit besseren Geräten und verbesserten Messmethoden,
wurde bisher auch die Genauigkeit der Konstanten verbessert.
Die Feinstrukturkonstante
alpha ist das Maß für die Stärke der
elektromagnetischen Kraft, welche die negativ geladenen
Elektronen an den Atomkern bindet. Ihr 'heutiger' Wert lautet
0,00729. Sie ist ein Garant für die Stabilität der
Materie. Würde sich diese Konstante nur um wenig mehr als 1%
ändern, könnte beispielsweise das Element Kohlenstoff
nur noch in winzigen Mengen vorkommen. Nun ist Kohlenstoff das
Ausgangsatom jeglichen Lebens. Durch seine Eigenschaft, sich über
lange Ketten- und Ringmoleküle, mit sich selber zu
verbinden, kommen die Strukturen zustande, die wir als
organisches Material kennen. Wäre kaum Kohlenstoff
vorhanden, wäre kein Leben, so wie wir es kennen, auf diesem
Planeten möglich. Die gesamte Reihe der Elemente müsste
neu entdeckt werden.
Nun hat im Jahr 2001 eine
Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von John Webb der
Weltöffentlichkeit mit vorsichtigen Worten mitgeteilt, dass
es möglich wäre, dass die Feinstrukturkonstante alpha
sich im Lauf von einigen Milliarden Jahren vergrössert hat.
Wenn sich dieses Messergebnis durch weitere unabhängige
Messungen bestätigen ließe, läge ein Tatbestand
vor, der zwischen physikalischer Sensation und Katastrophe
rangieren würde. Viele der bisher getroffenen Annahmen über
die Entwicklung des Universums wären schlicht falsch und
müssten neu überdacht werden.
Die Feinstrukturkonstante
alpha wurde 1916 von dem deutschen Atomphysiker Arnold Sommerfeld
eingeführt, um die Wellenlängen der Spektrallinien beim
Wasserstoffatom berechnen zu können. Mit den Spektrallinien
können die Astrophysiker seither aus dem Licht ferner
Himmelskörper feststellen, welche chemischen Elemente dort
vorhanden sind. Das taten auch John Webb und seine Gruppe am
Keck-Teleskop auf Hawaii mit dem Licht von Quasaren. Da Quasare
Milliarden Lichtjahre entfernt sind, muss ihr Licht ebensolange
durch den Raum eilen, bis es hier gesehen werden kann. Dabei wird
ein Teil des Lichts von Metallatomen in intergalaktischen Wolken
verschluckt. Das nun entstandene Absorbtionsspektrum verglich
Webb mit irdischen Laborwerten und stellte fest, dass der Wert
für alpha in dem etwa 10Mrd Jahre alten Absorbtionsspektrum
um einige hundertstel Promille, aber deutlich messbar, kleiner
ist, als das der Laborwerte.
Da die Feinstrukturkonstante
mit der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, dem Planck'schen
Wirkungsquantum und der Grösse der Elementarladung
zusammenhängt, muss sich mindestens eine dieser Grössen
auch verändert haben .. und hier liegt die Brisanz der
Entdeckung.
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